Du bist verantwortlich.
Von dir hängt der Erfolg des Projekts ab.
Wenn du das vergeigst, wirft das deine Karriere um ein Jahr zurück. Wenn du überhaupt in dieser Firma noch mal die Chance erhältst, ein solches Projekt zu leiten.
Die letzten 3 Monate hast du dich dementsprechend richtig reingekniet. Hast mehr als 60 Stunden die Wochen rangeklotzt. Hast deine Familie kaum noch gesehen. Das Wort Freizeit kennst du nur noch aus Kindheitserinnerungen. So scheint dir.
Jetzt ist Montagmorgen. Dein erster Kaffee dampft noch. Dein Telefon klingelt.
„Was ist bei Ihnen los?“, brüllt dein Chef. Ohne jeglichen Gruß. „Bringen Sie Ihren Sauhaufen in Ordnung. Der Kunde hat mich gerade angerufen. Bei Ihnen klappt ja gar nichts!“
So muss ein Montag beginnen! Oder?
Du hörst noch, wie auf der anderen Seite dein Chef den Hörer niederknallt.
Keine weiteren Infos. Keine Details. Von Gelassenheit keine Spur.
Je nach Nervenkostüm, persönlichem Abnutzungsgrad und Temperament wirst du unterschiedlich reagieren.
Wo siehst du dich eher wieder?
Meist dürftest du eine Mischung der beschriebenen Reaktionen zeigen. Ich vermute, du bist weder vollends ungerechter Choleriker, noch selbstkasteiender Schuldschluckspecht. Und sicher auch kein Zen-Mönch im falschen Job.
Wenn deine Mischung viel von Punkt 1 oder Punkt 2 aufweist und du gern mehr von Punkt 3 hättest, dann ist der Artikel hier genau richtig für dich.
Kaum ein Mensch wird bei dem Chefanruf vollkommen ruhig bleiben können. Denn er war aus deiner Sicht unfair, ungerechtfertigt und im Ton völlig daneben.
Falls du dich gerade fragst, ob es solche Chefs wirklich gibt: Ja. Ich habe Ähnliches erlebt.
Wir können an dieser Stelle zunächst einmal feststellen, dass der Anruf deines Chefs auf mangelnde Führungsqualitäten schließen lassen kann. Jedoch nicht bei dir. Sondern bei deinem Chef.
Warum?
Da war praktisch nichts Konstruktives bei.
Wenn du so wie dein Chef reagierst, wirst du deine Mitarbeiter zusammenstauchen. Was wird mir deren Motivation geschehen? Was anschließend mit eurem Projekt?
Es gibt tatsächlich Chefs, die nach dem Überzeugungsmix verfahren
Meiner Meinung nach sind beide Aussagen grundlegend falsch. Das Menschenbild, das dahinter steckt, ist äußerst negativ. Besonders entlarvend: Es schließt das Selbstbild mit ein.
Wenn du also in Firma arbeitest, in der die „Führungskultur“ in oben beschriebene Richtung geht, dann sei äußerst vorsichtig. Denn der Fisch stinkt gemeinhin von oben. Die Chefs leben vor, die folgende Ebene imitiert und die Mitarbeiter baden es aus und fangen an, sich untereinander ähnlich zu verhalten.
Wir Menschen neigen dazu, unser Verhalten unserem Umfeld anzupassen. Den wenigsten gelingt es, sich weitgehend unabhängig zu geben. Menschen sind soziale Wesen, auch wenn es bei einigen nicht sofort auffällt.
Der zweite Weg ist der schlechte. Der Unproduktive. Der Einfallslose. Der Feige.
Und die Attribute des Wegs kannst du dir auch alle selbst zuschreiben, wenn du den Weg wählst.
Schlecht und unproduktiv ist er, weil er deinem Team Energien raubt. Und Motivation. Und Zeit. Und all das könntet ihr für das Projekt verwenden. Für das Ergebnis. Und für den Kunden.
Einfallslos und feige bist du, weil du die Wut deines Chefs nicht ausgehalten hast. Dadurch, dass du nun selbst unter Adrenalin stehst, fällt dir nichts Besseres ein, als deinen Chef zu imitieren. Du übernimmst seine Führungsfehler. So kommst du weder den Fakten des Falls auf die Spur, noch werdet ihr im Projekt die besten Ergebnisse erzielen.
Jeder zwischenmenschliche Konflikt beruht im Grunde auf einem inneren Konflikt bei mindestens einem der Beteiligten. Wären wir alle vollkommen ausgeglichene Menschen, gäbe es zwar noch Potenziale für Konflikte. Wir würden diese jedoch nie ausbrechen und erst recht nicht eskalieren lassen. Wir würden sie reif und erwachsen regeln.
Die meisten Menschen tragen jedoch zeit ihres Lebens innere Konflikte mit sich herum und packen diese auch nie an. Sich selbst nie zu hinterfragen, ist nicht nur aus Gründen der Ausgeglichenheit und inneren Ruhe ein ungünstiges Verhalten. Auch für die persönliche Entwicklung solltest du dich, deine Präferenzen, dein Weltbild, deine Werte und dein Verhalten immer wieder hinterfragen.
Das erste Mal stieß ich auf ein bemerkenswertes und plausibles Modell zu diesem Thema während meines Studiums. Ich hielt ein Referat über Carl E. Rogers klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie und der ihr zugrunde liegenden Persönlichkeitstheorie.
Man kann das Modell kurz so zusammenfassen:
Jeder Mensch hat ein Bild von sich und der Welt. Gleichzeitig erlebt er sich und die Welt. Manchmal passen Selbstbild und eigene Handlungen nicht zusammen. Manchmal passen Weltbild und gesammelte Erfahrungen nicht zusammen.
Hat der Mensch unter überwiegend günstigen Bedingungen gelebt und gelernt, passt er sein Selbst- und Weltbild an. Waren die Bedingungen eher ungünstig, kann es beispielsweise passieren, dass der Mensch Erfahrungen oder sogar eigene Taten ignoriert. Sie verdrängt. Dann wird beispielsweise der Wert Ehrlichkeit von einem notorischen Lügner hochgehalten. Der Organismus strebt, wie Rogers sagt, nach Selbst-Konsistenz.
(Sehr empfehlenswert und verständlich ist die Seite von Andreas Kreuziger.)
Ein innerer Konflikt entsteht demnach immer dann, wenn entweder dein Selbstbild von deinen Handlungen abweicht oder dein Weltbild von der objektiven Welt.
Sehr bemerkenswert an Rogers Persönlichkeitstheorie ist zusätzlich, dass er schon in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts sagte, dass der Mensch im Grunde durch seine Erfahrungen gebildet würde. Wir sind eben keine Opfer unserer Gene. Wir können und wollen zeit unseres Lebens wachsen und lernen. Eine These, die die Hirnfoschung heutzutage bestätigt.
Interessant ist noch eine kurze Vertiefung, warum deine Handlungen manchmal oder auch öfters von deinem Selbstbild abweichen. Hier finde ich das Modell des Inneren Teams von Friedemann Schulz von Thun sehr hilfreich.
Es besagt, dass es in jedem Menschen verschiedene Persönlichkeitsanteile gibt, die inneren Stimmen gleich gegensätzlicher Meinung sein können.
Zum Beispiel könnte der Abenteurer in dir eine eigene Firma gründen wollen. Denn du hast die Kompetenz und die Lust. Doch dein innerer Sicherheitsmann schüttelt energisch den Kopf. Denn als Projektleiter in der jetzigen Firma verdienst du dein festes Geld und hast eine unbefristete Anstellung.
Soweit die Theorie.
Du solltest dich zunächst fragen, was die Ursachen dafür sind, das du aufgebracht bist. Oberflächlich betrachtet wäre die Antwort: Weil mein Chef ungerecht ist und blöd und mich angeschrien hat.
Du solltest jedoch in die Tiefe gehen und bitte folgendes hinterfragen:
Genauer:
Sei dabei ganz ehrlich zu dir. Alles andere bringt nichts und führt nur dazu, dass du dich selbst betrügst. Und das kannst du getrost anderen Menschen überlassen.
Nimm dich selbst dabei an. Lass es zu, dass dein Weltbild und dein Selbstbild nicht korrekt sind. Sie sind wandelbar, flexibel. Je mehr Erfahrungen du machst und je bunter diese sind, desto ausgefeilter und komplexer werden dein Welt-, dein Menschen- und dein Selbstbild.
Und selbst wenn du eines Tages ein weiser Guru sein solltest, ist die Welt mitsamt allen Menschen und Lebewesen noch eine Million mal komplexer und geheimnisvoller, als dein kleiner Geist je wird erfassen können!
Finde die Kluft zwischen deinem Weltbild und der Realität, zwischen deinem Selbstbild und deinen Handlungen und zwischen deinen Bedürfnissen und deinem derzeitigen Stand!
Hast du die Kluft benannt, entwickele eine Strategie, sie zu überwinden. Oder entscheide dich dafür, mit der Kluft zu leben und sie zu ignorieren.
Wenn dich etwas fröstelt, weil du eine zu dünne Jacke angezogen hast, dann tröste dich an der Bushaltestelle damit, dass der Bus gleich kommt. Oder im Auto die Heizung gleich wärmen wird. Manchmal musst du ungünstige Umstände einfach ertragen.
Setze deine Strategie um.
Die schönste Planung nützt gar nichts, wenn du nicht in Bewegung kommst. Wenn du nicht arbeitest.
Oft wird deine Strategie mentale Arbeit bedeuten. Du musst dein Weltbild oder dein Selbstbild anpassen. Das ist richtig schwer, lohnt aber den Aufwand. Denn je ausgefeilter und komplexer deiner Bilder von der Welt und dir selbst sind, desto eher wirst du erfolgreiche Strategien entwickeln, deine Bedürfnisse zu befriedigen. Und geht es nicht letztlich fast immer genau darum?
Noch mal zur Erinnerung: Du hast dich die letzten 3 Monate als Projektleiter so richtig reingekniet, mehr als 60 Wochenstunden gemacht. Und plötzlich ruft dein Chef an und stacht dich zusammen. Gibt dir dabei keine weiteren Informationen, außer dass der Kunde unzufrieden ist.
Zunächst musst du durchatmen. Musst ertragen, dass der Chef aus deiner Sicht grundlos rumgeschrien hat. Du darfst dich von deinen aufwallenden Emotionen nicht beherrschen lassen.
Lass das Gefühl der Wut, der Irritation zu. Nur überlass dem Gefühl keine Macht über dich. Werde nicht Opfer deiner Emotionen.
Du beherrschst dich. Du kontrollierst die Situation.
Nun hinterfrage, welche Kluft besteht. Womöglich folgende:
Zu deinem Weltbild:
Zu deinem Selbstbild:
Zu deinen Bedürfnissen:
Diese 3 Schritte solltest du gehen. Die ersten beiden am besten schriftlich. Was du aufschreibst, siehst und verankerst du besser. Und du verpflichtest dich dir selbst gegenüber.
Klar ist auch: wenn’s brennt, kannst du dich nicht in Ruhe hinsetzen und erst einmal analysieren. Wenn dein Kunde kurz davor ist abzuspringen, solltest du schnellstens mit ihm reden. Doch auch hier gilt: Nur mit kühlem Kopf kannst du Feuer effektiv löschen. Danach gehst du die Brandursachen an.
Wichtig ist dabei das Angehen. Das Machen.
Die Ursache für (eskalierende) zwischenmenschliche Konflikte liegt fast immer in inneren Konflikten begründet. Wenn du deine inneren Konflikte anpackst, wirst du ausgeglichener werden und deine Konflikte souverän lösen.
Ein innerer Konflikt ist eine Kluft zwischen
In dem Fall, dass du einen Konflikt erlebst, gehe 3 Schritte:
Diese Schritte sind nicht leicht zu gehen, doch der Lohn sind Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und ein immer breiteres Grinsen in deinem Gesicht.
Wo hast du dein Weltbild erfolgreich angepasst? Welche Strategien zur Befriedigung deiner Bedürfnisse haben funktioniert? Oder hast du ein ganz anderes Modell als ich?
Bilder (von oben nach unten):
Wut abbauen: Wie du Konflikte lösen kannst - Konflikt-Power
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