Nicht nur freche Weicheier können nerven. Als Vollkontakt-Karateka weiß ich, wovon ich spreche. ;-)
Menschen, die zu geschäftlichen Verabredungen deutlich unpünktlich erscheinen, sind eine Plage. Wenn ich meine 3 Minuten zu spät da bin, rollen manche Zeitgenossen mit den Augen.
Wir alle haben in solchen Fällen einen Konflikt wegen unserer persönlichen Werte. Denn dein Wertesystem ist anders als meins.
Viel Spaß beim Hören!
Alle Folgen von „Konflikt-Power aufs Ohr“ findest du hier.
Grüß dich! Du hörst die Folge 20 vom Podcast „Konflikt-Power aufs Ohr“. Sie trägt den Titel „Ärgerst du dich über freche Weicheier? Warum Streit über persönliche Werte nichts bringt“. Ich bin Axel Maluschka.
Du erfährst hier ganz nebenbei, warum du niemals mit einem Menschen streiten solltest, der nicht so pünktlich, höflich, konsequent oder nicht so ein freier Geist ist wie du. Wir schauen uns heute an, warum sich Streit über persönliche Werte nicht lohnt und was du stattdessen tun solltest.
Falls du den Podcast live hörst, hast du gemerkt, dass eine lange Pause hinter uns liegt. Wie das Leben so spielt, hatte ich meine Prioritäten in den letzten Monaten auf andere Projekte gelenkt. So habe ich unter anderem in den letzten Monaten 7 Hörbücher eingesprochen und mich in verschiedene andere interessante Projekt reingekniet.
Solltest du enttäuscht gewesen sein, weil du auch hier im Podcast Kontinuität und Verbindlichkeit erwartest, dann ist die heutige Folge genau richtig für dich.
Okay, ganz untätig war ich in Sachen Konflikt-Power nicht. So habe ich im Frühjahr im Zuge der neuen Datenschutz Grundverordnung eine neue Datenschutzerklärung erarbeitet. Die ist insgesamt 27 Seiten lang geworden und war für mich Nicht-Juristen mit einigem Aufwand verbunden. (Ich hatte blöderweise den Ehrgeiz, das alles selbst zu machen.) Schade, dass mein Werk lediglich von mir und ein paar Abmahn-Anwälten gelesen werden wird.
Damit meine Arbeit Sinn ergibt, habe ich zusätzlich weitere Neuerung auf meiner Homepage vorgenommen. Ich habe die Seite aufgeräumt und modernisiert. Und nun kommt das, worauf ich besonders stolz bin: ich habe mein Wissensportal gelauncht.
Dort kannst du dein Wissen rund um Kommunikation, Konflikte und Persönlichkeitsentwicklung weiter vertiefen. Jetzt im Februar 2019 gibt es dort drei Möglichkeiten. Zum einen findest du den Link zu allen Episoden meines Podcasts und zu allen Texten, die du online lesen kannst. Das Ganze schön übersichtlich.
Die beiden anderen Angebote und in Zukunft sicher auch mehr kannst du dir gern anschauen unter konflikt-power.de/wissen. Den Link dorthin findest auch noch einmal in den Shownotes zu dieser Episode. Nun zum Inhaltlichen der heutigen Folge.
Lass uns ins Thema einsteigen. Zur Erinnerung: In der vorletzten Folge haben wir darüber gesprochen, warum du niemals über dein Bild von der Welt und auch über dein Menschenbild streiten solltest. Und ich hatte zu Beginn dieser Folge gesagt, dass diese, die heutige und die kommende Episode zusammengehören. Denn wir behandeln die drei großen Themen, über die Konflikte ausgetragen werden.
Das erste Thema oder die erste Kategorie, die ich identifiziert habe, ist das Weltbild. Das, was du für die Wahrheit hältst, dürfte für die meisten anderen Menschen nicht gelten. Umgekehrt ist das genauso. Deren Wahrheiten empfindest du manchmal oder vielleicht auch meistens als unzutreffend.
Dass wir Menschen verschieden sind und jeder seine eigene Wahrheit in sich trägt, ist völlig in Ordnung und sollte kein Auslöser für bösartigen Streit sein.
Heute widmen wir uns dem anderen großen Thema, das immer wieder die Gemüter erhitzt. Dabei könnten wir die aufgebrachten Energien so viel besser nutzen! Zum Beispiel fürs Musizieren oder andere schöne Dinge.
[Musik]
Ich lade dich ein, dir folgende Situation vorzustellen:
Ein Wohnzimmer mit einem kuscheligen Sofa auf der einen Seite und einer gemütlichen Essecke auf der anderen. Der Esstisch wird von drei langstieligen Kerzen beleuchtet. Darauf stehen zwei Gläser mit dunklem Rotwein. Ein Glas wird von zierlichen Frauenfingern umgriffen, das andere ruht in den Händen eines Mannes.
„Hast du keine Sorge, dass dein Mann sauer werden könnte?“
„Weswegen?“, fragt die Frauenstimme, die zu Frederike gehört.
„Wegen dem hier“, antwortet Jan und seine Finger deuten kurz auf den Raum.
„Ach so“, lacht Frederike, „du meinst, weil alles hier so romantisch wirkt. Kerzenschein, Wein, keine Kinder.“
„Zum Beispiel“, nickt Jan und lächelt.
„Und weil Karl schon seit Jahren nicht mehr so mit mir zusammen gesessen hat wie wir beide jetzt“, ergänzt Frederike.
„Ach, habt ihr nicht?“
„Nicht, dass ich mich erinnere“, sagt sie und lächelt verschmitzt.
Jan blickt auf sein Weinglas und scheint darin seine nächsten Worte zu suchen. Er hebt es an und sagt grinsend: „Auf Ehepartner, die nicht eifersüchtig sind!“
Frederike nippt an ihrem Glas, stellt es vorsichtig ab und sagt bedächtig: „Das schließt Karl allerdings aus.“
„Ist er eifersüchtig?“, fragt Jan überrascht.
„Ja, sogar sehr. Und ich bin es übrigens auch.“
Jan runzelt die Stirn. „Ich hätte gedacht, dass du bei dem Thema eher entspannt bist.“
„Nein“, widerspricht Frederike vehement, „wenn ich Karl mit einer anderen erwischen würde, würde ich ihn sofort verlassen. Und ich würde dafür sorgen, dass er meine Kinder nie wieder sieht.“
„Okay, ich bin kein Anwalt. Aber du meinst sicher deine eigenen Kinder, Leni und Florian. Ich glaube, Alina könntest du ihm nicht vorenthalten. Sie ist eure gemeinsame Tochter.“
„Ja, das stimmt“, räumt Frederike ein. „Ich würde jedoch versuchen, sein Sorgerecht, so weit es geht, einzugrenzen.“
Jan nickt langsam. Er greift zu seinem Gas, schwenkt es vorsichtig und nippt daran.
„Und wann genau“, fragt er, „würdest du Karl die Kinder entziehen? Schon nach einem einzigen Fehltritt?“
„Ja, natürlich! Denkst du, er würde erst ein paar Freifahrtscheine bekommen, bevor es zu spät ist?“
„Ich verstehe“, sagt Jan vorsichtig. Er nippt an seinem Wein und stellt das Glas bedächtig ab.
„Ich hab das Gefühl“, kommentiert Frederike, „du verstehst überhaupt nicht. Das ist typisch Mann!“
„Und ich habe das Gefühl, dass unsere Stimmung gerade kippt“, antwortet Jan ruhig.
Frederike schweigt betroffen.
„Ich will mich auf keinen Fall mit dir streiten“, sagt Jan, „denn das lohnt sich einfach nicht.“
„Wie meinst du das: das lohnt sich nicht?“, fragt Frederike. „Wie viel mal Fremdgehen und Betrügen würdest du deiner Freundin erlauben?“
Jan schmunzelt. „Ich weiß es nicht“, sagt er. „Wir sind noch nicht lange genug zusammen, als dass das schon ein Thema bei uns gewesen wäre.“
„Tolle Ausrede!“, ruft Frederike. „Jetzt stell dir doch mal vor, wie das in sieben Jahren sein wird bei euch. Du erwischst sie mit einem anderen Kerl im Bett. Was machst du dann? Bleibst du vollkommen ruhig und redest dann vernünftig mit ihr darüber?“
Jan lacht auf. „Das kann ich echt nicht sagen. Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Aber ich glaube, es geht auch gar nicht darum, wie ich dann reagieren könnte. Viel wichtiger finde ich die Frage, warum du so heftig reagieren würdest bei Karl.“
„Wieso denn heftig?“, reagiert Frederike pikiert. „Das wäre doch wohl normal, dass ich stinksauer wäre!“
„Natürlich ist verständlich, dass du zunächst einmal sehr verärgert wärst. Schließlich gehst du davon aus, dass Karl nur mit dir Sex hat.“
Frederike fixiert ihn mit schmalen Augen. Sie lauerte regelrecht auf seinen nächsten Satz.
„Ich glaube“, fährt Jan etwas vorsichtiger fort, „dass es zwei entscheidende Fragen in so einem Fall gäbe. Möchtest du sie hören?“
„Jetzt bin ich ja mal gespannt“, antwortet Frederike.
„Die erste Frage ist: Warum genau wärst du so sauer auf Karl? Und die zweite Frage lautet: Was wäre die angemessene Strafe für Karls Verhalten?“
„Das kann ich schnell beantworten“, sagte Frederike. „Ich wäre so sauer, weil Karl mich betrogen hätte. Und ich müsste mich trennen nicht als Strafe, sondern weil ich ihm nicht mehr vertrauen könnte. Und Vertrauen ist die Basis einer Beziehung.“
Jan nickt. „Okay“, sagt er langsam, „damit hast du dein Standpunkt klargemacht. Ich will dir nicht zu nahe treten – “, er schaut sie prüfend an, bevor er fortfährt, „jedoch glaube ich, dass deine Begründungen so nicht ganz stimmen.“
„Und was stimmt deiner Meinung nach?“, fragt Frederike mit leicht giftigem Unterton.
„Lass mich bitte noch vorausschicken“, sagt Jan, „dass ich jetzt ganz ehrlich bin, weil ich dich mag. Wärst du mir egal, würde ich dir meine Meinung nicht sagen.“
Frederike schweigt.
„Was genau ist Betrug?“, fährt Jan fort. „Betrug ist doch, dass du jemand anderen täuschst. Du kündigst etwas an, versprichst es vielleicht sogar, und machst dann etwas anderes. Richtig?“
„Nein, dass ist so nicht ganz richtig“, widerspricht Frederike. „Es gibt auch Verhalten, aus dem man schließen kann. Und es gibt so etwas wie gesellschaftliche Vereinbarungen. Und in unserer Gesellschaft erwarten wir in einer festen Beziehung oder sogar einer Ehe, dass der andere treu ist.“
„Das sehe ich genauso“, sagt Jan. „Nur manchmal sind die aktuell gültigen gesellschaftlichen Vereinbarung unrealistisch. Man könnte sogar sagen: Heuchelei. Da ist sexuelle Treue ein gutes Beispiel. Soweit ich gelesen habe, sind 50 % aller Leute, die verheiratet oder in festen Beziehungen sind, fremdgegangen. Und das sind die Leute, die in den Umfragen die Wahrheit gesagt haben. Ich vermute, dass es in der Realität noch viel mehr sind.“
„Also ist es deiner Meinung nach normal fremd zu gehen?“, fragt Frederike.
„Für mich persönlich ist es normal, in einer festen Beziehung emotional und sexuell treu zu sein. Wenn ich den Umfragen und Zahlen jedoch glauben darf, gilt das für die Mehrheit in unserem Land nicht. Warum hält aber eine gefühlte Mehrheit den Wert der sexuellen Treue so hoch?“
„Weil Sex etwas äußerst Intimes ist. Und das sollte man nur mit seinem Partner teilen“, antwortet Frederike entschieden.
„Ich verstehe“, sagt Jan, „dann werde ich jetzt mal ganz böse, und gehe zur zweiten Frage über. Ich bin mir sicher, dass du Karl in Wahrheit bestrafen würdest für sein Verhalten. Er hat dich enttäuscht, die Strafe ist der Entzug seiner Kinder. Und du weißt, dass er Leni und Florian genauso liebt wie Alina. In Wahrheit würdest du ihm einfach nur wehtun wollen.“
Frederike funkelt ihn erzürnt an.
„Schauen wir uns nüchtern an, was passieren würde“, sagt Jan. „Karl hat Sex mit einer anderen Frau. Du erfährst davon und bist extrem enttäuscht. In der Konsequenz zerbricht eine Familie. Sie wird regelrecht auseinandergerissen. Ist das dem Vorfall wirklich angemessen?“
„Das müsstest du den fragen, der betrogen hat!“, zischt Frederike.
„Derjenige, der rein hypothetisch betrogen hätte, würde das Auseinanderreißen einer Familie sicher nicht als angemessen erachten“, stellt Jan ruhig fest.
„Das sollte sich jeder vorher überlegen“, erwidert Frederike. „In Wahrheit ist es doch so: Fremdgeher hoffen, dass sie nicht erwischt werden. Über die Konsequenzen machen Sie sich keine Gedanken, weil sie feige sind. Sie denken weder an die Familie noch an den Partner. Sie denken nur an sich selbst und ihr eigenes Vergnügen.“
An dieser Stelle klinken wir uns aus dem Dialog aus.
Wem stimmst du bei diesem Thema zu? Bist du ehr Frederikes Meinung, dass Fremdgeher – wie sie sie nennt – schuld an den Konsequenzen tragen? Oder kannst du Jans Argumenten und Gedanken folgen?
Natürlich habe ich ein Thema gewählt, das polarisiert und die meisten Menschen zumindest ein wenig aufgewühlt. Doch worum geht‘s im Kern dabei?
Wir reden über persönliche Werte.
In dem Dialog spielten die Werte sexuelle Treue und Familienzusammenhalt eine wichtige Rolle. Außerdem können wir Loyalität, Verbindlichkeit und Vertrauenswürdigkeit nennen. Und sicher sind weitere Werte bedeutsam, wenn wir die Motive von Frederike und Jan beleuchten wollen.
Kurz gesagt: Werte sind wie ein Kompass in deiner Welt. Sie leiten dich durch die Welt.
Das Problem ist – wie wir in der vorletzten Folge behandelt haben – schon dein Weltbild unterscheidet sich von dem jedes anderen Menschen. Über unterschiedliche Werte aggressiv zu streiten, ist demzufolge noch bescheuerter, als über sich über das Bild von der Welt in die Haare zu kriegen.
Eine umfangreiche Definition findest du beispielsweise auf der Internetseite Wertesysteme.de. In den Shownotes zur Episode verlinke ich direkt auf die Seite mit der Definition.
Dort steht: „Werte bzw. Wertvorstellungen sind allgemein erstrebenswerte, moralisch oder ethisch als gut befundene spezifische Wesensmerkmale einer Person innerhalb einer Wertegemeinschaft.
Aus den präferierten Werten und Normen resultieren Denkmuster, Glaubenssätze, Handlungsmuster und Charaktereigenschaften. In Folge entstehen Ergebnisse(…), welche die gewünschten werthaltigen Eigenschaften besitzen oder vereinen sollen.“
Okay, das klang jetzt sehr akademisch und trocken. Schauen wir uns mal die wichtigsten Begriffe an und übersetzen die in eine hörbare und angenehme Sprache.
Werte gehören zu einer Person. Also zum Beispiel zu dir oder zu mir. Du hast Werte, ich habe Werte. Sie sind gewissermaßen ein Merkmal deiner Persönlichkeit.
Werte sind erstrebenswert oder als gut befunden. Und von wem werden sie erstrebt oder für gut befunden? Von dir und einer Wertegemeinschaft. Also von einer Gruppe, mit der du dich aufgrund eurer gemeinsamen Werte verbunden fühlst.
Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an! Ich nehme einen Wert aus der Liste auf der gerade erwähnten Homepage, die maßgeblich vom Coach Frank H. Sauer entwickelt wurde. Es geht um den Wert „Begeisterung“.
Du kannst du dich einmal fragen, wie hoch dieser Wert bei dir ansiedelt. Sagen wir auf einer Skala von 0-10. Null heißt, du hast die Begeisterungsfähigkeit eines dreckigen Steins, der langsam im Morast versinkt. Zehn heißt, du sprühst vor allgemeiner Begeisterung, die ein fettes Feuerwerk von Neid und Scham verstummen lässt. Wo stufst du dich ein?
Stell dir vor, du bist sehr begeisterungsfähig. Auf der Skala vielleicht auf einer sieben oder einer acht. Wie sehr verbunden fühlst du dich mit einer trüben Tasse, die es bei der Begeisterung auf eine zwei bringt? Vermutlich müssen da andere Werte gut übereinstimmen, damit du diese Person sympathisch findest.
Eine weitere Werteliste findest du auf der Seite „Steve Pavlina – Persönlichkeitsentwicklung für schlaue Leute“. Ich habe zwar nicht herausgefunden, welches Anliegen ihr Betreiber Stephan Schubert damit verfolgt, aber er hat sehr viele Artikel geschrieben und eine lange Werteliste veröffentlicht. Die umfasst heute im Januar 2019 346 Werte. Fette 1200 Begriffe findest du in der eindrucksvollen Wortwolke in der schon erwähnten Enzyklopädie der Wertvorstellungen. Alle Links sind in den Shownotes.
Ein Vorschlag: Schau in eine Werteliste und identifiziere deine wichtigsten Werte! Schreibe deine TOP10 auf. Auf jeden Fall deine wichtigsten 3 Werte.
Sind darunter vielleicht Vertrauen, Reichtum und Mut? Oder Können, Intelligenz und Großzügigkeit? Oder vielleicht sind dir Aufrichtigkeit, Würde und Sittsamkeit wichtig?
Frage dich im nächsten Schritt, wie sehr lebst du diese Werte? So im wirklichen Leben? Nicht nur auf dem Papier?
Und wenn du noch einen draufsetzen willst, dann frage deinen Partner oder Freunde, was die zu deiner Werteliste und deren Reihenfolge sagen. Stimmt, was du über dich selbst denkst? Und lebst du im Einklang mit deinen Werten?
Persönliche Werte schaust du dir genau wie deine tiefsten Prägungen von deinen Bezugspersonen ab. Das beginnt bei deinen Eltern oder deinen Pflegepersonen, geht über deine Freunde und Lehrer bis hin zu deinen Partnern und Kollegen. Und natürlich übernimmst du sehr viele Werte von deinen Vorbildern und Idolen.
Welche Werte du zeigst, hängt von der Rolle ab, die du aktuell innehast. Innerhalb deiner Familie ist dir womöglich der Wert Authentizität äußerst wichtig. Im Job wiederum legst du womöglich den meisten Wert auf Pflichtgefühl. Und beim Sport ist dir Bewegung am wichtigsten.
Und um all diese sozialen Umfelder, Organisationen und Subkulturen herum, gibt es natürlich noch Staaten, Kulturen oder auch die gesamte Umwelt. Und manchmal kannst du echt Pech haben. Wenn du zum Beispiel in eine Kultur hineingeboren wurde ist, zu der deine Werte überhaupt nicht passen. Eine freiheitsliebende Frau könnte es in Saudi-Arabien beispielsweise schwer haben. Und ein wissbegieriger und wahrheitsliebender Gelehrter konnte im Mittelalter in Europa erhebliche Probleme mit den Kirchenvertretern bekommen.
Deine Werte veränderst du nicht nur je nach Umfeld sondern auch im Lauf des Lebens. Oder hattest du vor zehn oder 15 Jahren die gleichen Werte wie heute?
Und jetzt kommt das äußerst Wichtige: es sind deine Werte. In genau dieser Kombination und Ausprägung sind deine Werte ebenso einzigartig wie dein Bild von der Welt. Jeder andere Mensch trägt etwas andere Werte bzw. eine andere Kombination in sich.
Klar fühlen wir uns zu Menschen hingezogen, deren wichtige Werte mit unseren wichtigen Werten weitgehend übereinstimmen.
Ich verstehe zum Beispiel die meisten Angestellten nicht. Wie kann ich einen Vertrag unterschreiben, in welchem ich einem anderen Menschen – meinem Vorgesetzten – zugestehe, dass er teilweise komplett über meine Zeit entscheiden kann? Wieso sollte mein Chef mir genau sagen dürfen, was und im dümmsten Fall wie ich es zu tun habe?
Mir sind in meinem Beruf die Werte Freiheit und Authentizität äußerst wichtig. Und ich freue mich immer riesig, wenn ich auf Gesinnungsgenossen stoße. Denen fühle ich mich dann verbunden und bilden eventuell eine Wertegemeinschaft.
Für diese Gemeinschaft gilt nun etwas, das auch für dich persönlich sehr wichtig sein sollte. Wikipedia schreibt dazu: „Enthält eine Werteordnung einen alleinigen Anspruch auf Wahrheit, ist sie das Kennzeichen einer Ideologie.“ Dem kann ich nur aus ganzem Herzen zustimmen, schließlich bin ich in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Und nebenbei: auch im freien Westen finden sich viele Anzeichen von Ideologien.
Und hier meine Empfehlungen für dich:
Nimm deine eigenen Werte nicht zu ernst! Mache sie nicht zur Ideologie! Versuche auf gar keinen Fall, andere von deinen Werten zu überzeugen. Lass ihnen ihre Werte.
Mit „streiten“ meine ich hier bösartiges Streiten. Das ist die Form der Auseinandersetzung, bei der ich mein Gegenüber angreife und mit Wörtern zu verletzen suche. Ein Austausch von Meinungen, Perspektiven und Wertvorstellungen ist nicht nur gewünscht sondern vielmehr notwendig für ein gutes Miteinander. Nur muss dieser Austausch ohne Angriffe und ohne Verletzungen stattfinden.
Betrachten wir zunächst den Fall, dass Menschen sich miteinander über Werte streiten, wenn alle Beteiligten aus einem ähnlichen Umfeld d.h. einer ähnlichen Kultur stammen.
Und damit es konkret wird und die Frage, warum wir über Werte streiten, für dich so richtig wichtig wird, suche bitte in der jüngsten Vergangenheit nach einem Beispiel! Hast du dich geärgert, weil jemand unpünktlich war? Oder weil jemand unhöflich war, oder bist du einem unfreundlichen Sack begegnet? Hat dich jemand unfair behandelt?
Wenn du jetzt ein Beispiel vor Augen hast, dann stelle dir die Frage: warum genau hast du dich geärgert?
Meine Antwort: du hast dich geärgert, weil du dich nicht respektiert gefühlt hast. Und entsprechend deiner grundsätzlichen Prägung reagierst du darauf dann aggressiv, d.h. du lässt es raus. Oder aber du reagierst mit Rückzug bzw. Unterordnung, und das bedeutet, du schluckst den Ärger runter. In letzterem Fall wirst du jedoch später umso heftiger auf die doofen Unpünktlichen schimpfen oder wirst den deiner Meinung nach respektlosen Menschen in irgendeiner Form sabotieren.
Gibt es noch einen Spezialfall: wenn Gruppen mit unterschiedlichen Werten aufeinandertreffen. Hier spielt noch eine unserer Urängste eine wichtige Rolle. Es handelt sich um die Angst, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Vor 20.000 Jahren bedeutete dies den sicheren Tod für den einzelnen.
Deshalb halten wir so vehement zu unserer Gruppe, unsere Gemeinschaft und den Werten, die uns vereinen. Und anstatt vernünftig und erwachsen unsere Werte auf den Prüfstand zu stellen, verteidigen wir sie umso heftiger. Wir fallen demnach in unbewusste Muster, die fast nie optimale Ergebnisse und gutes Verhalten hervorbringen.
Um das Thema konkreter zu machen, spreche ich das politische Beispiel der Migration an. Wie kann Migration gelingen, wenn Wertesysteme aufeinander prallen? Muss sich der Flüchtling komplett anpassen beispielsweise an Deutschland? Oder wäre es für das Schutz gewährenden Land vorteilhaft, die Werte und Mentalität fremder Kulturen zu begutachten und mit den eigenen zu vergleichen?
Als ich diese Folge hier geplant habe, wollte ich diese Fragen beantworten. Dabei habe ich gemerkt dass das Thema sehr wichtig und umfassend ist. Deshalb nehme ich mich seiner in einer Sonderfolge nur zu diesem Thema. Es wird in dieser Folge darum gehen, wie Migration gelingen kann und wie wir die Wertekonflikte auflösen können.
Und einen letzten Grund, warum mir manchmal verletzend über Werte streiten, führe ich heute an. Das menschliche Gehirn ist eine Energiesparmaschine. Es fährt am liebsten auf Autopilot, weil es dann am wenigsten Energie verbraucht. Das ist der Grund, warum du deine Gewohnheiten so schwer ändern kannst. Und das, obwohl du weißt, dass Zucker, Nikotin, Alkohol und Bewegungsmangel einfach schlecht für dich sind.
Veränderung verbraucht Energie. Deine Werte infrage zu stellen, ist eine sehr tief greifende Veränderung. Und dafür baut dein Gehirn sehr hohe Hürden auf. Es braucht schon äußerst gute und triftige Gründe, über deine Werte nachzudenken geschweige denn sie zu ändern. Denn sie sind ein tief sitzende Teil deiner Persönlichkeit.
Eindeutige Antwort: jein.
Ich denke, es hängt von der Situation ab. Deine Werte können jeweils günstig oder ungünstig sein.
Wenn du als 20-jähriger zu einer Party eingeladen wirst und pünktlich um 19:30 Uhr erscheinst, kann es sein, dass du für deine Pünktlichkeit schräg angeschaut wirst. Triffst du als 40-jähriger zur Grillparty erst um 23:30 Uhr ein, könnten die Gastgeber schon mit dem Aufräumen beschäftigt sein.
Du siehst, Werte ändern sich mit dem Alter. Und natürlich mit der Situation und deiner Rolle.
Ein weiteres Beispiel aus meinem Leben. Bei meinen Aufträgen achte ich akkurat auf Ordnung. Meine Dokumentation ist korrekt, meine Aufträge führe ich wie verabredet durch und meine Rechnungen sind in Ordnung. Genauso handhabe ich das als Chef unseres Karatevereins. Unsere Ordner sind vollständig, alle Unterlagen und der Postverkehr akkurat einsortiert, und ich habe alles im Griff.
Wer mich nur so kennt, könnte meinen, ich sei grundsätzlich ein äußerst ordentlicher Mensch. Wenn ich mich allerdings derzeit hier in meinem Büro umschaue, gewinne ich den Eindruck, ich bin doch etwas entspannter und chaotischer…
Wie schon gesagt, hängt von der Situation und dem Umfeld ab, ob Werte gut oder nicht gut sind. Betrachten wir ein langfristiges Beispiel. Ich bin mir sicher, dass nachfolgende Generationen auf uns heute schauen werden und sich fragen, warum wir so hemmungslos gelebt haben. Warum haben wir unseren Planeten verseucht, verstrahlt, verpestet, vergiftet und zugemüllt? Hat diese Art zu leben uns glücklich gemacht? Ich vermute, unsere Enkel und Urenkel werden nur noch mit dem Kopf schütteln.
Die Menschheit könnte sich zusammenreißen und global zu vernünftigen und nachhaltigen Werten finden. Sie könnte ein Wirtschafts- und Geldsystem aufbauen, das nicht auf zwanghaftem Wachstum und Schulden beruht, sondern kluges Verhalten belohnt. Doch dazu sollten wir zu allererst einmal den Menschen zuhören, die eine Idee von einer wertvollen Zukunft haben. Also hör sofort auf, Katzenvideos zu schauen und dich mit Facebook-Postings zuzumüllen, und lies stattdessen „Das konvivialistische Manifest“ oder Prechts Buch „Jäger, Hirten, Kritiker: Eine Utopie für die digitale Gesellschaft“*. Die Links dorthin findest du wie immer in den Shownotes.
Die Antwort ist: ja.
Dazu empfehle ich dir das Modell von Friedemann Schulz von Thun, das er im zweiten Band seiner Buchreihe „Miteinander reden*“ vorgestellt hat. Es heißt Wertequadrat.
Das Quadrat besteht aus vier Ecken. In den beiden oberen Ecken befinden sich jeweils positiv besetzte Werte, die einander gegenüberstehen. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Buch: in der linken oberen Ecke steht der Wert Sparsamkeit. Die positive Schwester dazu könnte heißen Großzügigkeit.
Beide Werte stehen in einem positiven Spannungs- bzw. Ergänzungsverhältnis, so schreibt Schulz von Thun. D.h. sie stehen sich gegenüber, sie sind gegensätzliche Werte, aber sie werden von den Menschen allgemein noch als positiv gesehen.
In den unteren Ecken steht der jeweils passende Unwert, der psychologisch eine Überkompensation des positiven Wertes entspricht. Diese Unwerte werden allgemein von den Menschen als negativ bewertet.
Der Unwert zu Sparsamkeit ist Geiz. Der Unwert zu Großzügigkeit ist Verschwendung.
Wenn du aus dem Wertequadrat beispielsweise in einem Coaching ein Entwicklungsquadrat machen möchtest, dann muss die Entwicklung eines Unwertes in Richtung des anderen Unwertes erfolgen, was die Menschen im allgemeinen Angst macht.
Machen wir ein Beispiel: stell dir vor, ein Mensch ist geizig und er leidet darunter. Vielleicht gerät er öfters in Streit mit seinen Liebsten, oder die Menschen haben sich schon von ihm abgewandt. Sein Leidensdruck ist demnach so groß, dass er einen Coach oder Therapeuten aufsucht.
Bleiben wir beim Coach. Dieser wird schnell feststellen, dass der Unwert seines Klienten Geiz ist. Sobald ihr diesen nun damit konfrontiert und ihm eine Entwicklung rät, wird der Klient das strikt ablehnen, weil er Angst hat, in den gegenteiligen Unwert zu verfallen. In Verschwendung.
Der Coach muss in diesem Fall seinen Klienten behutsam über die Sparsamkeit in Richtung Großzügigkeit leiten. Das ist eine Kunst für sich.
Wenn ein Mensch einem Unwert folgt, dann überkompensiert er etwas und er befindet sich in einem unbewussten Muster. In dem Moment, wenn er in das Muster verfällt, kannst du mit dem Menschen nicht darüber diskutieren. Wenn du den anderen verändern willst – auch weil du glaubst, es sei das Beste für ihn – so gelingt dir das nicht, wenn du ihm aggressiv begegnest. Du hast nur dann eine Chance, wenn du wohlwollend und verständnisvoll kommunizierst.
Letzteres ist das Gegenteil eines eskalierenden Streits.
Stell dir vor, du triffst auf einen Menschen oder gar eine Gruppe, die einen Unwert auf deine Kosten leben. Machen wir‘s wieder konkret: du beginnst einen neuen Job, freust dich drauf und musst in deinem ersten Monat feststellen, dass dein neuer Chef richtig mies drauf ist. Er ist herrschsüchtig und funkt dir permanent ins operative Tagesgeschäft. Er schreibt dir genau vor, wie du deine Ziele erreichen sollst.
Du bist jedoch gewohnt, auf deiner Position selbstständig zu arbeiten. Du bittest deinen neuen Chef um Klärung und stellst bald fest, dass er ein Kontrollfreak ist. Er lebt den Unwert generelles Misstrauen. Er beruft sich dabei auf euren Arbeitsvertrag, in dem steht, dass er dir deine Wege ab und zu vorschreiben kann. Du bemühst dich um Klärung, was genau „ab und zu“ bedeutet. Dein Chef behauptet, doch lediglich ab und zu deinen Weg vorzuschreiben.
Du merkst, ihr seid in einer Sackgasse. Was kannst du tun?
Kannst du deinen Chef ändern? Ich denke nein.
Kannst du dich ändern? Dich anzupassen, wäre eine massive Änderung deines Wertesystems und damit deine Persönlichkeit. Du kannst dich unterordnen, jedoch zu einem sehr hohen Preis. Bist du bereit den zu zahlen, wäre es eine Option.
Du kannst auch die Strategie wählen, dass du deinem Chef das Gefühl gibst, er habe alles unter Kontrolle. In Wahrheit jedoch machst du dein Ding. Sofern es zum Wohl des Unternehmens ist, und du das belegen kannst, wäre das eine mögliche Strategie.
Wenn all das nicht infrage kommt, bleibt als letzte Lösung nur noch die Trennung. Du suchst dir einen neuen Job.
Manche Menschen wählen auch den passiv-aggressiven Weg. Sie versuchen, ihrem Chef das Leben schwer zu machen, vermutlich in der vagen Hoffnung, dass er irgendwann keine Lust mehr auf seinen Job hat und geht. Ich finde das nicht optimal.
Okay, bringen wir Struktur in das Thema.
Wenn du einen Menschen oder eine Gruppe hast, die einen Unwert auf deine Kosten leben, ist es sinnlos, mit ihnen darüber zu diskutieren. Sie befinden sich im sogenannten neurotischen Keller und Glauben recht zu haben. Sie folgen unbewussten Mustern und werden dich als Angreifer erleben. Der beste Weg für dich ist die Trennung. Wahlweise kannst du dich anpassen, wenn du bereit bist, den Preis zu zahlen.
Und denke immer daran: wenn du dich von Idioten umgeben fühlst, könnte es sein, dass in Wahrheit der Idiot bist. Womöglich lebst du den Unwert. Auch das solltest du in Betracht ziehen.
Wir haben gesehen, dass sich Streit über Werte nicht lohnt. Du wirst mit einem Streit nichts erreichen. Bei Menschen, die einen Unwert leben, beißt du auf Granit. Menschen, deren gelebte Werte deinen entgegenstehenden, aber noch im positiven Bereich sind, solltest du wohlwollend und verständnisvoll reagieren.
Du kannst Menschen nicht verändern. Der Hirnforscher Gerald Hüther sagt, du kannst Menschen nur inspirieren, ermutigen oder einladen. Mehr geht nicht.
Deshalb: Hört auf, einander zu verletzen! Ihr verändert einander nicht. Vielmehr vergiftet ihr eure Beziehungen, bis sie zerbrechen.
Tauscht euch über eure Werte aus! Steht zu ihnen! Und haltet euch darüber, wann und in welcher Situation ein Wert günstig war und wann ungünstig. Seid ehrlich zueinander und vor allen Dingen: hört einander zu. Gibt dir selbst und den anderen die Chance zu lernen. So können Meinungen und Werte doch ein wenig verändert werden.
Wenn du deine Werte verändern und vorleben willst, empfehle ich dir einen Blick auf die Erkenntnisse der positiven Psychologie. Weißt du was das ist?
Lange Zeit war die Psychologie nur auf das Krankhafte und Schmerzen bei Menschen ausgerichtet. Die positive Psychologie richtet sich an seelisch gesunde Menschen, die noch glücklicher und stabiler werden wollen.
Dabei haben die Psychologen 24 Charakterstärken identifiziert, die über alle Kulturen und Nationen hinweg als positiv und angenehm gelten. In den Shownotes gebe ich dir zwei Links, die nicht nur diese 24 Charakterstärken auflisten sondern sie auch genauer beschreiben.
Im Onlinelexikon für Psychologie und Pädagogik werden aus dieser Liste der 24 Stärken die fünf für dein langfristiges Wohlbefinden entscheidenden menschlichen Merkmale extrahiert:
(Zitat-Hinweis: Verwendete Literatur: Stangl, W. (2019). Stichwort: 'Positive Psychologie'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. WWW: http://lexikon.stangl.eu/1994/positive-psychologie/ abgerufen am 28.01.2019)
Den Link zu Werner Stangls Artikel über die positive Psychologie findest du wie immer in den Shownotes. Wenn du glücklicher werden willst oder einfach nur ein besserer Mensch, dann wähle am besten einen der genannten fünf Werte und arbeite ab heute genau daran. Nur einen Wert, denn das ist schwer genug. Einen nach dem anderen.
Dann wirst du eines Tages gute Werte leben. Du wirst zufriedener und erfüllter sein als die meisten Menschen. Du wirst gute Beziehungen führen und gute, sinnvolle Ergebnisse liefern. Du bist Vorbild.
Dass du genau dahin kommst, wünsche ich dir.
Die Shwonotes zu dieser Episode findest du unter Konflikt-Power.de/020. Das war die 20. Folge von Konflikt-Power aufs Ohr.
Wie hat dir der Einstieg heute gefallen? Sagen dir solche Dialoge zu? Hinterlasse doch bitte einen Kommentar. Dann weiß ich, ob ich mehr solcher lebensnahen Dialoge liefern soll oder es besser bleiben lasse.
Ich wünsche dir noch einen richtig schönen Tag und freue mich auf die nächste Episode.
Mach’s gut. Ciao!
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Bild: piotr_marcinski / depositphotos
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