Der Flüchtling in Deutschland ist "die Mutter aller Probleme". Hat so ein Typ im Wahlkampfmodus behauptet.
Der Flüchtling in Deutschland "will unsere Töchter und liegt uns auf der Tasche!" Behaupten besorgte Bürger.
Der Flüchtling in Deutschland sei kein Problem. Denn wir schaffen das. Sagt eine Kanzlerin und vergisst 3 Jahre lang zu sagen, wie wir das schaffen.
Heute hörst du eine ungewöhnliche Folge im Podcast. Denn heute wird es auch politisch.
Es geht um spezielle interkulturelle Kommunikation. Und um einen großen gesellschaftlichen und kulturellen Konflikt in Europa und in Deutschland.
Wie gehen wir mit Flüchtlingen um? Wie und wie weit sollten sie sich uns anpassen? Oder gar wir uns?
Viel Spaß beim Hören!
Alle Folgen von „Konflikt-Power aufs Ohr“ findest du hier.
Grüß dich! Du hörst die Folge 22 vom Podcast „Konflikt-Power aufs Ohr“. Sie trägt den Titel „Flüchtling in Deutschland: Muss er sich anpassen oder wir uns? Spezielle interkulturelle Kommunikation.“ Mein Name ist Axel Maluschka.
Du erfährst hier ganz nebenbei, wie die Kommunikation mit anderen Kulturen gelingen kann und wer was dabei leisten sollte. Ich breche das große Thema der Flüchtlinge und der Migration in Deutschland auf ein einfaches, hirngerechtes Beispiel herunter.
Vielleicht hast du dich gefragt, warum ich ein solch merkwürdiges Thema hier im Podcast behandle, schließlich geht es ja hier um Kommunikation und um Konfliktmanagement. Ich kann dir im Grunde genommen drei Antworten auf diese Frage geben, warum ich das hier behandle.
Die erste Antwort: Mir brennt es auf der Seele! Ich will etwas zu diesem Thema sagen.
Die zweite Antwort: Es geht natürlich um Kommunikation. Es geht darum, wie wir miteinander umgehen, also auch mit Menschen aus anderen Kulturen. Im Endeffekt können wir sagen, Kommunikation ist Haltung! Das heißt, wie ich mich anderen Menschen und Kulturen gegenüber verhalte, so ist letztlich meine Kommunikation. Und da sind wir bei dem Thema, bei dem ich mich auskenne und für das ich auch wiederum brenne.
Und die dritte Antwort ist ganz einfach: Es hat Marketinggründe. Das Thema Flüchtling ist nach wie vor heiß, es wird oft im Internet gesucht. Und vielleicht finde ich so den einen oder anderen, der noch gar nicht das Thema aus der Perspektive betrachtet hat, die ich heute anbieten werde.
Vielleicht darf ich doch noch eine vierte Antwort anfügen: Ich kenne mich ein kleines bisschen aus beim Thema Flüchtlinge, denn ich habe bis vor drei Jahren in sozialen Projekten gearbeitet, wo junge Flüchtlinge Arbeitsprojekte angeboten bekommen haben. Das waren Maßnahmen, wo sie miteinander arbeiten konnten. Und dort hatte ich sowohl mit Frauen als auch mit Männern zu tun, hauptsächlich aus Syrien stammend.
Und meine Erfahrung, die ich als erstes mit dir teilen will, ist: Unter den syrischen Flüchtlingen gibt es, genau wie unter den deutschen Menschen, natürlich einige – wie wollen wir sie nennen, ohne sie abzuwerten – Menschen, die nicht so gebildet sind; Menschen, die nicht so die ganz große Lust haben, sich zu entwickeln und zu arbeiten, sich anzustrengen.
Dann gibt es das Mittelfeld, die bereit sind, was zu tun, die auch bereit sind zu lernen; bereit sind, die Sprache zu lernen und sich anzustrengen.
Und dann gibt es die Oberen – so möchte ich sie mal einstufen – die Bock haben, sich zu bilden. Die Lust haben, die Sprache zu lernen – die die Sprache übrigens auch sehr schnell lernen. Und die auch Lust haben, sich, soweit es geht, anzupassen.
Warum brennt mir das Thema auf der Seele?
Ich sehe in Deutschland einen großen Widerspruch, wie wir mit Flüchtlingen umgehen. Auf der einen Seite finde ich es wirklich vorbildlich, wie viele Flüchtlinge wir seit 2015 aufgenommen haben. Für mich ist das menschliches Verhalten und Teil unserer abendländischen Kultur, hilfsbedürftigen Menschen zu helfen.
Auf der anderen Seite sehe ich aber den Widerspruch, wie gehen wir mit den Flüchtlingen um, was machen wir mit ihnen? Was machen wir mit den Menschen, die nach Deutschland kommen?
Und da finde ich unser Verhalten geradezu dumm, denn wir schaffen ja relativ wenig Voraussetzungen, dass diese Menschen sich schnell integrieren können.
Noch ein kleines Wort zu dem Thema, warum ich es vorbildlich finde, dass wir diesen Menschen helfen.
Stell dir mal vor, dein Haus wird zerbombt. Und dann versuchst du, vielleicht in eine Turnhalle übergangsweise zu ziehen oder in ein anderes Haus, bis eines Tages deine Stadt weggebombt ist.
Und genau das habe ich erlebt mit den syrischen Flüchtlingen, mit denen ich im Rahmen der Sozialprojekte zu tun hatte. Die haben erzählt, sie waren bis 2014 ganz normal an der Uni, in Aleppo zum Beispiel. Die sagten, irgendwann war ihr Zuhause weg, irgendwann war die Uni weg und dann konnten sie nicht mehr in der Stadt bleiben und waren froh, dass sie da lebend rausgekommen sind.
Ich finde es asozial, was viele osteuropäische Staaten machen, die keine Flüchtlinge aufnehmen, die sich verweigern, die jegliche Hilfestellung verweigern. Auf der anderen Seite aber gerne die Hand aufhalten und sich von den reicheren Staaten der EU großzügig finanzieren lassen. Hier glaube ich auch, dass die EU endlich zu einer vernünftigen Regelung finden sollte und diesen Staaten die Pistole auf die Brust setzt und sagt: Hört mal, wenn ihr nicht solidarisch seid, sind wir es auch nicht mehr.
Soviel zu meiner Meinung. Wobei ich kein Experte für Europarecht bin. Es kann sein, dass die europäischen Verträge so gestrickt sind, dass mit so einem asozialen Verhalten überhaupt nicht gerechnet wurde und es deshalb so schwer ist, den osteuropäischen Staaten zu sagen, was sie tun sollten.
Dann kommen wir zum Thema, das ja auch im Titel dieser Folge steht: Wie sollten sich Flüchtlinge verhalten, wenn sie nach Deutschland kommen?
Also was können wir als Deutsche, als Gastgeber, von unseren Gästen erwarten?
Da habe ich einfach mal ein Beispiel gewählt, das das ganze Thema runterbricht auf ein gehirngerechtes Thema, sodass wir es alle verstehen können.
Ich stelle mir einfach mal vor, ich biete ein Zimmer meiner Wohnung einem hilfsbedürftigen Menschen an. Jemanden, der keine andere Wahl hat. Den lade ich zu mir nach Hause ein. Stell dir vor, der Gast klingelt an deiner Tür, du machst auf und der Typ lächelt überhaupt nicht – stell dir vor, es ist ein Typ. Der Typ geht in deine Bude rein, schiebt dich vielleicht noch beiseite, latscht mit seinen dreckverschmierten Schuhen auf deinen Teppich, setzt sich auf dein Sofa, legt seine „Flossen“ auf deinen Sofatisch. Direkt neben die Weingläser, die da vorbereitet stehen. Verschränkt die Arme und guckt dich herausfordernd an.
Wie würdest du mit so einem Gast umgehen? Vermutlich wird er nicht lange bleiben und du wirst von deinem Hausrecht Gebrauch machen und den Typ so schnell wie möglich nach draußen befördern.
Jetzt stell dir vor: Der Gast steht vor der Tür, er klingelt, du machst auf und dich lächelt jemand an. Da steht ein Typ vor der Tür, der ist freundlich, der ist höflich und sagt vielleicht in gebrochenem Deutsch, dass es bei ihm in der Heimat üblich ist, die Schuhe auszuziehen, bevor er eine Wohnung betritt. Deshalb macht er das aus Respekt. Du sagst ihm noch, „Nein, nein, du kannst sie gerne anlassen, ist ja trocken draußen.“ Aber er sagt, nein, ihm ist das wichtig. Er zieht also seine Schuhe aus, dann betritt er beinahe schüchtern deine Wohnung, sieht sich vorsichtig um, lächelt dich wieder an. Und du bittest ihn ins Wohnzimmer. Er kommt rein, schaut sich um, schaut auf deine Bücher und nickt dir anerkennend zu, weil er Bücher mag, weil er Bücher schätzt. Er setzt sich auf dein Sofa, nachdem du ihm den Platz gewiesen hast, und wartet gewissermaßen demütig.
Im Grunde kann man sagen, dass dieses zweite Verhalten normal ist. Der Gast will etwas von dir, also verhält er sich entsprechend normal.
Der erste, das war ein Assi. Der zweite, das war ein normaler, gut sozialisierter Mensch.
Okay, ich habe jetzt ein kleines bisschen miteinfließen lassen, dass der Zweite Bücher mag – da hat mir wohl mein Unterbewusstsein gerade einen kleinen Streich gespielt. Also es gibt auch Menschen, die nicht ganz so viel lesen und die sich aber normal verhalten. Nicht automatisch sind Unbelesene, ungebildete Menschen, Assis. Von daher möchte ich das hier ganz gerne geraderücken.
Was kann Deutschland tun, wie sollte Deutschland Gäste empfangen?
Oder anders gefragt: Wie verhältst du dich, wenn Gäste zu dir nach Hause kommen?
Wie gesagt, wenn es jemand ist, der gegen deine Regeln spielt, der dein Zuhause, deine Ordnung, deine Sauberkeit nicht respektiert, den schmeißt du raus. Und da gibt es auch keine Diskussion. Wenn jemand Hilfe sucht, dann muss er sich auch bitte so verhalten und so anpassen, dass wir ihm die Hilfe geben können.
In dem Bereich relativ hart: Wenn ein Mensch in unser Land kommt und Hilfe sucht und benimmt sich hier wie offene Hose, dann habe ich nichts dagegen, ihm vielleicht noch mal einen Warnschuss zu geben, wenn er nicht geahnt hat, wie die Regeln und Gesetze in Deutschland sind. Aber ihm dann relativ zügig und hart klarmachen, dass er hier nichts zu suchen hat.
Das halte ich für normal und für menschlich.
Jetzt werden einige sagen, „Ja, aber wenn ihm zu Hause Verfolgung und eventuell Verletzung, Folter, Tod drohen…“, dann sage ich, ja, das ist echt Scheiße. Nur, wir haben diesen Menschen verwarnt und wir haben im klargemacht, „Pass mal auf, bei dir zu Hause erwarten dich Folter oder Tod, Verfolgung oder eben Schlimmeres. Bitte benimm dich hier bei uns, wo dir all das nicht droht, vernünftig und passe dich soweit es geht unseren Gepflogenheiten an.“ Das dürfen wir erwarten. Und für mich ist da die Grenze der Toleranz erreicht, wenn sich jemand weiterhin entgegen den Gepflogenheiten seines Gastgebers verhält. Da habe ich ehrlich gesagt kein Mitleid mehr.
Wie verhalten wir als Deutsche uns nun gegenüber den Menschen, die sich normal verhalten? Also im Sinne des Angemessenen, im Sinne des auch als Gast ein Stück weit, zumindest zu Beginn, Demütigen?
Ganz einfach: Ich bin jemand, ich bin interessiert. Ich frage den Gast, wie es ihm geht, wie es ihm ergangen ist, was er erlebt hat? Und ich versuche, ihn kennenzulernen. Ich bin neugierig!
Und weil ich mich für andere Kulturen interessiere, habe ich sicherlich auch einen etwas größeren und gelasseneren Hintergrund bekommen. Ich habe über meinen eigenen Tellerrand, über unsere deutschen Traditionen und Gepflogenheiten hinaus geschaut und habe mir andere Kulturen und andere Länder angeschaut.
Ich bin ja sogar so weit gegangen, dass ich einen besonders intimen Einblick in andere Kulturen bekommen habe. Meine Ex-Frau, mit der ich vor 15 Jahren verheiratet war, ist Chinesin. Wir waren auch eine Zeit in China, ich habe ihre Familie kennengelernt und habe dort einen besonderen Einblick in die chinesische Kultur bekommen.
Und meine jetzige Frau, die tatsächlich meine Traumfrau ist, stammt aus Russland. Und auch ihre Eltern, meine Schwiegereltern habe ich kennengelernt, wir waren in Russland. Und auch da habe ich einen Einblick in die Kultur gewonnen.
Insofern kann ich wahrscheinlich sagen, dass ich einige Kulturen und sogar recht andere Kulturen als die der Deutschen kennengelernt habe – und sogar ein bisschen mehr als nur kennengelernt habe.
Also: Dein Gast sitzt bei dir zu Hause und er ist für dich fremd. Wie verhältst du dich?
Erwartest du, dass er sich komplett deinen Gepflogenheiten und deiner Kultur anpasst? Dann bist du im Grunde genommen der asoziale Arsch, der nicht viel besser ist als der Typ vom Anfang, der mit dreckigen Flossen in deine Bude reinkommt und die Füße auf den Tisch legt.
Wenn du dich nicht für den anderen interessierst, bist du in meinen Augen respektlos.
Interessiere dich für die Kultur und interessiere dich für die Gepflogenheiten. Biete dem Anderen nicht einfach so etwas zu Essen an, wenn du nicht genau weißt, was in seiner Kultur gestattet ist zu essen oder auch zu trinken.
Das gehört für mich zum respektvollen, wohlwollenden und interessierten Umgang miteinander dazu.
Wenn du dir die Kultur und die Gepflogenheiten der anderen Menschen anschaust, wenn du dich dafür wirklich interessierst, dann hast du auch die Chance, etwas zu lernen. Du hast die Chance, besser zu werden. Du hast die Chance, deine eigenen Gewohnheiten und Gepflogenheiten, die für dich selbstverständlich erscheinen, in einem anderen Licht, aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Und das ist die Voraussetzung für Entwicklung.
Wenn du dich also entwickeln willst – und das kann ich nur jedem empfehlen, das anzustreben – dann ist das der einfachste Weg. Schau dir andere Menschen an und lerne von ihnen. Überprüfe, was ist gut bei diesen Menschen, bei ihren Gepflogenheiten und bei ihrer Kultur? Was ist gut bei uns Deutschen? Insofern kann sich eine Kultur weiterentwickeln, indem sie sich von anderen Kulturen beeinflussen lässt.
Hier kann ich vielleicht auch ein ganz persönliches Beispiel einstreuen.
Die deutsche Wiedervereinigung lief in meinen Augen nicht optimal, weil Westdeutschland die Chance verpasst hat, zu überprüfen, was könnten wir von Ostdeutschland, von der ehemaligen DDR lernen? Welche Mentalität hat sich dort herausgebildet, die vielleicht für den Westen interessant sein könnte?
Und hier hat sich der Westen für mich als sehr arrogant, als überheblich dargestellt. Als jemand wie, der sagt, ich bin das größere, stärkere und bessere System, ich kann nichts mehr verbessern. Und das ist Bullshit.
Heute wünschte ich – also damals, ich war 1989 auf der Straße in Leipzig, da war ich 17, bei der Wiedervereinigung war ich 19 – natürlich hatte ich geglaubt, der Westen sei das starke System und habe die Wiedervereinigung frenetisch begrüßt. Ich werde nie vergessen, zur Party vom 2. auf den 3. Oktober bin vor einer Disco mit einer großen Deutschlandflagge rumgerannt.
In diesem Sinne will ich meinen Mund gar nicht so weit aufreißen. Ich habe allerdings sicherlich da auch eine Entwicklung durch und habe meine Meinung doch etwas relativiert seit damals.
Bleiben wir beim Beispiel mit dem Gast im Wohnzimmer. Wie behandelt denn Deutschland die Flüchtlinge?
Ich habe jetzt nicht mehr die ganz akuten Verhältnisse so vor Augen, ich weiß nur – und das weiß ich eben von den persönlichen Erzählungen der Flüchtlinge, mit denen ich zusammengearbeitet habe – dass diese in Flüchtlingswohnheime, in Unterkünfte gestopft wurden und dort sind sie gewissermaßen am langen Arm verdorrt. Sie sind einfach ausgehungert worden. Das heißt, sie wurden in Wohnheime gepfercht und haben sich gelangweilt.
Und in meinen Augen ist das ein wirklich dummes Verhalten vonseiten Deutschland gewesen. Klar, die Ämter waren überlastet. Die Ämter haben da keine Schuld daran, das sind ausführende Organe. Die haben so schnell es ging die Antragsflut, die Antragswelle, abgearbeitet.
Es wäre vonseiten der Politik notwendig gewesen, nicht nur zu sagen: "Wir schaffen das", sondern auch, wie wir es schaffen. Und dann eben Geld in die Hand zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die Anträge, die ja logischerweise in riesigen Mengen gestellt wurden, schnell abgearbeitet werden. Sodass Menschen nicht ein halbes, ein ganzes oder länger als ein Jahr in solchen Unterkünften vor sich hinvegetieren müssen.
Vor allen Dingen wenn man bedenkt, was für Menschen das sind. Das sind Menschen, die unter unglaublichen Bedingungen nach Deutschland gekommen sind, die haben Strapazen auf sich genommen, die können wir hier in Deutschland überhaupt nicht einschätzen.
Und diese Leute sind hier und sind happy, dass sie hier sein können.
Warum geben wir diesen Menschen keine Arbeitsgelegenheiten? Warum geben wir keine Arbeitsmöglichkeit? Warum ist hier die Verwaltung so riesengroß und stark, dass erst einmal alle erfasst werden und ordentlich verwaltet werden müssen? Das finde ich persönlich zum Kotzen. Und hier hätten wir deutlich schlauer reagieren und agieren können, als wir das getan haben.
Und um das wieder mit dem Beispiel deines Wohnzimmers zu vergleichen: Stell dir vor, du lädst jemanden zu dir ein und anstatt ihn ins Wohnzimmer zu bitten, lässt du ihn im Flur stehen, gibst ihm eine Wartemarke und sagst, wenn seine Zahl aufgerufen wird, dann darf er ins Wohnzimmer kommen.
So ungefähr haben wir die Flüchtlinge, die hilfesuchenden Menschen behandelt.
Dass dann einige von denen aggressiv werden, dass dann einige von denen ausflippen, ganz ehrlich, ein Stück weit ist das auch unserer lahmen und überforderten Verwaltung zuzuschreiben und damit der kurzsichtigen Politik.
Wir sollten ihnen versprechen, dass sie hierbleiben können, bis in ihren Ländern der Krieg vorbei ist und bis die Länder soweit wieder aufgebaut sind, dass man dort ein lebenswertes Leben vorfindet.
Wir sollten parallel natürlich alles dazu tun, dass der Krieg beendet wird – beispielsweise in Syrien. Und wir sollten danach versuchen, dort wieder aufzubauen.
Klar ist da die Frage, da in Syrien beispielsweise Russland mitmischt, wie viel Macht hat Deutschland überhaupt, dort einzugreifen und dort dafür zu sorgen, dass der Krieg aufhört. Hier gilt es in meinen Augen, nicht nur auf Syrien zu schauen, sondern auch auf viele andere Länder. Beispielsweise ist die Agrarpolitik der EU im Grunde genommen schizophren, weil wir die einheimischen Agrarprodukte soweit subventionieren, dass die günstig nach Nordafrika oder überhaupt nach Afrika verkauft werden können und die heimischen Landwirte dort mit unseren Preisen nicht mehr mithalten können. Das macht natürlich die Preise und die Märkte in Afrika beispielsweise kaputt. Und wenn ein Mensch keine Gelderwerbsgrundlage mehr hat, keine Ernährungsgrundlage, dann wird er wegziehen und dort hingehen, wo er eine Grundlage findet. Und das ist zum Beispiel in Europa.
In dem Sinne sollten wir also auch unsere gesamte Politik etwas ganzheitlicher gestalten.
Dann komme ich noch mal zum Thema Kultur. Das heißt, wie sollten wir generell mit fremden Kulturen umgehen?
Ich hatte letztens eine interessante Diskussion auf Facebook. Dort hatte ein Bekannter gepostet, dass es in einigen afrikanischen Staaten zur Kultur gehört, den Mädchen, wenn sie zur Geschlechtsreife gelangen, die Brust abzubinden. Hintergrund ist, dass eben die Brust dann nicht so wachsen soll und damit die Männer nicht geil auf die Mädchen werden.
Ich glaube, das ist in etwa eine ähnliche Begründung wie die für die Verschleierung von Frauen. Dort wird eben unterstellt, dass die Männer, sobald sie das Haar einer Frau sehen, sich nicht mehr beherrschen können und über die Frau herfallen.
Ich finde beide Begründungen eher schwachsinnig. Das ist meine persönliche Meinung.
Und in dieser Facebook-Diskussion sagte der Bekannte, dass wir als multikulturelle Nation so eine Kultur und deren Praktiken auch tolerieren müssten. Er ist dagegen und deshalb sei er ein Kulturnazi – so etwas in der Art.
Ich habe dann gesagt, wir müssen als Kultur nicht alles tolerieren. Also dort wo Menschen verletzt werden, wo sie eingeengt werden, dort ist die Grenze meiner persönlichen Toleranz erreicht.
Er hat mir dann vorgeworfen, dass ich in meiner Argumentation nicht stichhaltig wäre und er hat mir noch verschiedene andere Dinge unterstellt. Die Diskussion brach dann auch relativ schnell ab, als ich um Klärung gebeten habe. Sei es drum!
Ich habe meine Meinung zum Ausdruck gebracht, dass wir andere Kulturen natürlich respektieren sollten, solange sie nicht verletzend sind und solange auch einzelne Teilnehmer anderer Kulturen nicht missionierend auftreten. Ich habe etwas gegen alle Leute, die mir beibringen wollen, wie ich zu leben habe. Deshalb bin ich auch kein Freund der Religionen. Weil die meisten Religionen, die irgendwann institutionell werden, anfangen zu missionieren, weil sie glauben, die Wahrheit über ein gutes Leben zu besitzen. Hier bin ich froh, dass wir in einem Land aufwachsen, das Religionsfreiheit hat beziehungsweise auch die Freiheit, mir meinen ganz eigenen Glauben zu stricken. In diesem Sinne ziehe ich die Grenze dort, wo andere mich zu missionieren versuchen.
Ich habe also in besagter Facebook-Diskussion mich dagegen ausgesprochen, eine andere Kultur oder überhaupt irgendeine Kultur als überlegen zu bezeichnen. Und dennoch nehme ich eine Bewertung vor, wie gut mir eine Kultur gefällt. Und da bin ich froh, dass ich in einer Kultur, in einem Land lebe, in dem mir die Kultur sehr gut gefällt, weil wir hier relativ gute Rahmenbedingungen geschaffen haben. Wobei Luft nach oben ist.
Was bedeutet gute Rahmenbedingungen? Was bedeutet für mich eine gute Kultur?
Für mich bedeutet es, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass jeder einzelne Mensch innerhalb der Kultur, innerhalb des Landes Lebensfreude empfinden kann.
Und da sind wir dann bei der Frage, wieso ist in Deutschland noch Luft nach oben?
Wenn ich mich so umschaue, dann sehe ich nicht ganz so viel Lebensfreude. Da gibt es Länder, die sind da deutlich vor uns.
Ich will hier gar nicht zu tief ins Thema einsteigen, das ist etwas anderes, aber grundsätzlich gesagt: Wenn wir die Möglichkeit schaffen, dass möglichst viele Menschen ihre Grundbedürfnisse befriedigt sehen und befriedigen können. Und der Punkt ist, ich glaube, in Deutschland können wir sie befriedigen, nur machen es viele Menschen interessanterweise nicht.
Es sind überall die gleichen. Es gibt einmal die physischen Grundbedürfnisse: das Bedürfnis nach Essen und Trinken, nach einem Schlafplatz, nach einem Dach über den Kopf und nach Sicherheit. Und dieses Bedürfnis haben wir in Deutschland weitgehend befriedigt.
Die Psychologen nennen dann noch vier psychische Grundbedürfnisse. Und das sind einmal die Bedürfnisse nach Bindung, also nach Gemeinschaft; und nach Autonomie beziehungsweise Kontrolle. Hier sehen wir auch schon einen inneren Konflikt, der von jedem Menschen im Grunde genommen gelebt wird, weil er in uns drin ist. Wir wollen einerseits Gemeinschaft haben, andererseits aber autonom sein. Der Hirnforscher Gerald Hüther hat das einmal so wunderbar zusammengefasst, „Der Mensch will in Gemeinschaft verbunden wachsen.“ Also wir wollen uns entfalten, entwickeln, aber gleichzeitig Verbundenheit spüren, die uns nicht einengt, sondern genügend Freiraum gibt.
Das ist also sozusagen die soziale Ebene der Grundbedürfnisse.
Dann gibt es noch die andere Ebene. Da haben wir auf der einen Seite das Bedürfnis nach Lustgewinn beziehungsweise Unlust oder Schmerzvermeidung. Und auf der anderen Seite haben wir das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung beziehungsweise Anerkennung.
Jetzt möchte ich auf diese Grundbedürfnisse gar nicht weiter eingehen. Wir können aber im Grunde genommen jede Kultur einmal daraufhin abklopfen, ob sie die Grundbedürfnisse tatsächlich erfüllt, ob sie sie respektiert.
Hier kann ich sicherlich feststellen, dass eine Kultur, die beispielsweise die Autonomie vom Geschlecht abhängig macht, sicherlich als nicht so günstig für den Einzelnen anzusehen ist. Wenn wir uns beispielsweise das Mittelalter in Europa anschauen oder eben auch heute einige Länder im arabischen Raum, dann können wir feststellen, dass da Frauen deutlich benachteiligt wurden. Oder wenn wir ein bisschen weiter zurückschauen, in die Zeit der Sklavenhalter-Gesellschaft, auch hier gab es viele Menschen, die in ihrer Autonomie extrem eingeschränkt waren – nämlich genau die Sklaven. Und auch diese Gesellschaftsformen sind sicherlich als nicht so günstig anzusehen beziehungsweise schon aus moralischen Gründen abzulehnen.
Damit komme ich noch mal zurück auf unser Thema: Wie sollten Flüchtlinge sich anpassen, wie sollten wir uns anpassen?
Ich glaube, dass Deutschland offener werden kann gegenüber anderen Kulturen und dass es von diesen Kulturen lernen kann. Dass wir auf der anderen Seite einfordern sollten, dass sich Flüchtlinge an unsere Gepflogenheiten als Gastgeber anpassen. Dass sie eben nicht ihre dreckigen Füße auf unsere sauberen Tische legen.
Achtung, das war keine Verallgemeinerung, sondern ich richte mich damit an die vielleicht zwei oder fünf Prozent der ausländischen Gäste, die sich eben, aus unserer Sicht zumindest, asozial verhalten. Die müssen sich bitte deutlich anpassen. Die meisten der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind allerdings meiner Erfahrung nach völlig normal in unserem Sinne und verhalten sich auch sozial verträglich.
Wie sollten wir der Angst der besorgten Bürger begegnen?
Sollten wir diese Ängste annehmen, sollten wir sie wahrnehmen, sollten wir sie verdrängen?
Ich glaube, diesen Ängsten sollten wir mit Zahlen begegnen. Denn Zahlen sind nicht zu interpretieren, sie sind einfach da und sie sind Fakten.
Ich komme deshalb auf die Zahlen, weil ich letztens eine Diskussion hatte mit jemanden, der sagte mir: „Ja, was die meisten Menschen gar nicht bedenken ist, dass wir immer noch eine Million Zuwanderer pro Jahr nach Deutschland haben.“ Da dachte ich mir, echt, eine Million? „Jaja, nur die Presse schreibt nicht mehr darüber.“
Da dachte ich mir, das muss ich mal recherchieren.
Und ich fand heraus, ja, der Typ hatte recht.
Und nein, der Typ hatte doch nicht ganz recht.
Denn ja, wir haben eine Zuwanderung von knapp einer Million Menschen nach Deutschland pro Jahr – auch im Jahr 2018. Allerdings haben wir auch eine Auswanderung, nämlich von knapp 600.000 Menschen.
Laut Statistischem Bundesamt hatten wir im Jahr 2017 letztlich eine Zuwanderung von 400.000 Menschen nach Deutschland.
Jetzt ist die Frage: 400.000 Menschen, die jährlich nach Deutschland kommen, sollten wir davor Angst haben? Das klingt ja erst mal viel, das ist ja eine ganz Menge. Wenn sie alle auf einem Platz stehen würden, dann wäre der Platz voll – je nach Größe des Platzes.
Schauen wir uns, bevor wir die Frage beantworten, mal die allgemeinen Zahlen an: Wir sind derzeit in Deutschland 83 Millionen Menschen, davon haben knapp 19 Millionen einen Migrationshintergrund. Wobei 9 Millionen davon Nichtdeutsche sind. Also 10 Millionen haben den deutschen Pass, haben aber Migrationshintergrund und 9 Millionen sind Nichtdeutsche.
Nun ist die Frage: 400.000 Menschen oder auch diese 9 Millionen oder auch 19 Millionen, dominieren die uns?
Und dann machen wir es wieder praktisch, sodass sich das menschliche Gehirn, dein Gehirn sich das gut vorstellen kann.
Stell dir mal vor, du bist in einem Saal und in diesem Saal sind 208 Menschen. Nun kommt in diesen Saal ein einzelner, neuer Mensch hinzu. Das entspricht 4,8 Promille der anwesenden Menschen. Und das sind zufällig 400 000 Zuwanderer im Vergleich zu 83 Millionen Einwohner – was die Zahlen von 2017 sind.
Eine Frage: Dieser Saal von 208 Menschen, kann der von diesem Einen dominiert werden? Sollen die 208 Menschen Angst haben, sie werden jetzt dominiert von dem einen Zuwanderer?
Eine andere Frage: Stell dir vor, da ist ein kleines Dorf – wie das Dorf meiner Eltern beispielsweise. Dort gibt es 60 Häuser und insgesamt wohnen knapp über 200 Menschen dort. Jetzt zieht ein Flüchtling in dieses Dorf. Wird sich die Kultur, das Antlitz dieses Dorfes wandeln? Müssen wir Angst vor diesem einen Flüchtling haben?
Falls du auf diese Frage nur ansatzweise mit Ja geantwortet hast, dann tust du mir wirklich leid. Das sage ich jetzt auch ganz ehrlich. Ich glaube, wir sollten keine Angst haben, denn die Angst ist nicht begründbar.
Und wenn dann noch das letzte Argument kommt, was Leute, die Bücher darüber geschrieben haben, deren Namen ich hier nicht nennen will, anbringen, „Ja, aber die Ausländer vermehren sich ja viel stärker als die Deutschen“, nein, das tun sie auch nicht.
Die Welt bewegt sich in eine Richtung, global gesehen, dass nur noch knapp über zwei Kinder pro Frau geboren werden. Dazu empfehle ich dir ein ganz hervorragendes Video auf YouTube, gehalten von Hans Rosling. Das ist ein Statistiker und auch Mediziner, der hat einen sehr amüsanten und vor allen Dingen informativen Vortrag auf YouTube gehalten. Den verlinke ich wieder in den Shownotes. Empfehlenswert sind auch die Zahlen, die bei Gapminder genannt werden – auch da steckt Hans Rosling dahinter. Er hat viele Zahlen, wie es um die Welt beschaffen ist, aufgearbeitet und informativ, unterhaltsam und vor allen Dingen anschaulich präsentiert.
Warum habe ich mich heute diesem komischen Thema gewidmet, was ja nicht so richtig in meine Podcast-Folgen reinpasst.
Ich habe es ganz zu Beginn schon gesagt: Für mich ist Kommunikation Haltung. Wie du mit anderen Menschen umgehst und wie du dich ihnen gegenüber verhältst und wie du auch mit dir selbst umgehst, das wird durch deine Einstellung und durch deine Haltung bestimmt. Sei bitte dir und allen anderen Menschen gegenüber wohlwollend, respektvoll und vor allen Dingen nicht verletzend. Genau dann wird Kommunikation gelingen. Und dann gehen wir alle gut miteinander um, wir Menschen untereinander, aber auch die Kulturen untereinander. Und wir kommen weg von der Spirale der Abgrenzung, des gegenseitigen Beschimpfens und des Hasses.
In diesem Sinne schaffen wir es dann, gemeinsam eine bessere Welt zu bauen. Und das klingt doch cool, oder?
Das war die heutige Episode.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei dir, dass du zugehört hast und dass du auch dieses etwas aus der Reihe fallende Thema dir komplett reingezogen hast.
Die Shownotes findest du wie immer unter konflikt-power.de/022 für die 22. Episode.
Und dann habe ich zum Schluss noch eine ganz, ganz große Bitte an dich: Wenn dir mein Podcast gefällt, wenn du sagst, der ist für dich wertvoll, der hört sich gut an, der gibt dir einiges, dann schenke mir doch bitte deine Stimme. Ich bin nämlich für den Podcast-Helden-Award 2019 nominiert. Ich habe dazu eine kleine Weiterleitung eingerichtet, dass du direkt auf die Abstimmungsseite gelangen kannst.
Gehe doch bitte auf konflikt-power.de/pha19, dann gelangst du direkt auf die Abstimmungsseite und ich freue mich, wenn du mir deine Stimme schenkst.
Ansonsten geht es dann in der nächsten Episode weiter mit dem normalen Thema „Konflikte und Kommunikation“.
Bis dahin wünsche ich dir alles Gute und eine sonnige Woche.
Machs gut! Ciao, Ciao.
Bild: Roland Mey from Pixabay
Regian
Axel Maluschka
ich nehme an, dein Beitrag ist ironisch gemeint. Es wäre auch schön gewesen, wenn du geschrieben hättest, wen genau du mit "Wir" meinst.
Ich denke, ich habe in der Folge meine Position und Meinung deutlich gemacht. Und die hat sich im Lauf der Jahre nicht geändert.
Mensche, die nach Deutschland kommen, sollten unsere Kultur respektieren. Und sich dementsprechend verhalten. Über Gesetze will ich da noch nicht einmal reden, das habe ich in der Folge zur Genüge getan.
Und gleichzeitig gilt: Ich empfonde andere Kulturen und Sichtweisen als Bereicherung. Und ich bin froh, dass ich in einem Land lebe, in dem ich sehr frei bin. Kulturell, beruflich, politisch und persönlich. Und jeden, der das einschränken will, bekämpfe ich.
Ilona Vogel
Danke - sehr hilfreich und intensiv!
Axel Maluschka
herzlichen Dank für deinen Kommentar und dein Lob. Ich bleibe am Ball, und Kommentare wie deiner motivieren mich zusätzlich. :-)
Viele liebe Grüße
Axel
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