Du schaust zur Ziellinie. Du fixierst sie. Dort willst du hin. Als Erster. Du willst siegen. Deine Gegner schlagen. Du wirst gewinnen.
Der Startschuss.
Du explodierst. Du rast los. Du fliegst. Vor dir ist nichts als die Strecke. Neben dir nur Luft. Hinter dir keuchende Gegner. Du führst. Und knallst als Erster über die Ziellinie.
Du hast gewonnen. Du jubelst. So wie ein Sieger nur jubeln kann.
Doch was hat dich über die Strecke getrieben? Was hat dich voran gebracht und gewinnen lassen?
Es waren deine Gegner, die du im Nacken gespürt hast. Sie wolltest du hinter dir lassen. Es war der Wettbewerb, die Konkurrenz, die dich voran gepeitscht haben. Durch sie warst du schneller denn je.
Es ist ein schönes Gefühl zu gewinnen. Auf dem Siegertreppchen wird deinem Ego geschmeichelt. Der Jubel der Zuschauer ist Balsam und Anerkennung für die Qualen des Trainings, die du auf dem Weg zum Sieg erlitten hast. Und dennoch stelle ich die Frage, ob dies das Höchste der Gefühle ist.
Wenn dein Hauptantrieb der Wettbewerb ist, was genau passiert dann mit dir? Du wirst getrieben vom Konkurrenzdruck. Es ist nicht das Ziel, das dich anzieht, es sind die Gegner, die dich vor sich hertreiben. Druck bestimmt dein Wollen und Handeln.
Stell dir einen Luftballon vor. Wenn du auf den Druck ausübst, wird er sich verformen und an einer oder mehreren Stellen „Auswüchse“ bekommen. Man kann sagen, er spezialisiert sich in die Richtung, wo der Druck am geringsten ist. Und irgendwann wird er platzen.
Mit dir passiert das gleiche, wenn der Wettbewerb deine Hauptmotivation ist. Du spezialisierst dich, bis du platzt. Oder implodierst. Oder bis sich die Nische, in der du dich befindest, auflöst. Auch für Firmen und Organisationen gilt dies: Wer Konkurrenzdruck als wichtigsten Motiv ansieht, schaufelt sein eigenes Grab.
Weil viele Menschen und vor allem Multiplikatoren wie unsere Gurus und die Medien den geschilderten grundlegenden Denkfehler begangen haben und in orwellscher Manie permanent wiederholen und weiterverbreiten. So lange, bis die „normalen“ Menschen sich dieses Denken zu eigen gemacht haben.
Wie kannst du aus diesen Denkmustern ausbrechen, um rundum als Persönlichkeit zu wachsen, zu reifen und deine Potenziale zu entfalten? Statt das Gegenteil, ein Fachidioten, zu werden?
Betrachte den Wettbewerb als einen von mehreren Antrieben. Ihn zu verdammen ist ebenso unklug wie ihn zu glorifizieren. Dein Hauptantrieb sollten jedoch deine Ideen, deine Gestaltungslust und deine Neugier sein. Denn die ziehen dich an, anstatt auf dich Druck auszuüben. Und so genießt du auch dein Training auf deinem Weg zum Siegertreppchen. Und du erlebst nicht nur den Moment des Triumphes als Belohnung, sondern auch dein Werden, dein Reifen und dein Versuchen. Du vervielfachst deine gute Zeit.
Was denkst du?