Du hast es geschafft. Du sitzt dem Personalchef deines Traumkunden gegenüber. Er entscheidet über die Schulungsmaßnahmen im Unternehmen. Und du bietest die Trainings an.
Du willst diesen Kunden haben. Es wird ein großer und wichtiger Sprung für dich sein. Was für eine Herausforderung! Was für ein Umsatz! Und diese Firma auf deiner Referenzliste! Wow!
Nach dem ersten Smalltalk sitzt ihr am Verhandlungstisch. Und dann passiert es.
Der Personaler grinst dich an und meint süffisant: „Sie wollen wohl auch endlich mal für ein namhaftes Unternehmen arbeiten?“
Du schluckst. Er hat dich voll erwischt.
Du möchtest nur nicken, doch ahnst, dass das fatal wäre. Denn dann würdest du dich outen als Bittsteller. Als der kleine Trainer und Coach, der um das Recht bettelt, sich mit diesem Firmennamen zu schmücken.
Wie reagierst du am besten auf diesen Angriff?
Er hat einen Angriff gestartet. Damit wollte er gleich zu Beginn die Rangordnung klarstellen.
Er wollte, dass du dich unterordnest.
Als König am Tisch kann er viel besser seine Preise diktieren. Und du nickst als dankbarer Untergebener nur ab.
Wenn du so reagierst, wie er es sich wünscht, du dich demnach unterordnest, ergeben sich mehrere Probleme:
Wenn du demnach ehrlich auf den Angriff reagierst, wirst du untergehen. Wenn du zugibst, dass du dich (ein wenig) als Bittsteller fühlst und geil auf die Zusammenarbeit bist, hast du schon verloren.
Okay, vollkommen ehrlich zu sein, ist nicht der beste Weg. Klingt absurd, ist aber so. Und du kannst es auf viele Lebensbereiche, in denen verhandelt wird, übertragen:
Du bemerkst die Gemeinsamkeit? TRAUM.
Hier eine kleine Empfehlung:
Die Realität ist (fast) nie so gut wie der Traum.
Hier sind wir schon bei einem ersten Kniff, die Verhandlungen und den vermeintlichen Traum nicht zu überbewerten. Der andere (Autoverkäufer, potenzieller Partner, Arbeitgeber und Personaler) braucht dich ebenso wie du. Und falls du das nicht glaubst, verhalte dich wenigstens so. Dann wirst du attraktiver für den anderen.
Dein Mindset sollte demnach sein:
- Das, was der andere anbietet, ist keineswegs so geil, wie ich glaube.
- Und er braucht mich mindestens so sehr wie ich ihn. (Wenn nicht sogar mehr!)
Damit hast du eine gute Voraussetzung für ein Gespräch auf Augenhöhe. Und damit forderst du bewusst und unbewusst den Respekt, den du verdienst.
Wenn die Verteidigung gegen den Angriff und damit eine Unterordnung nicht optimal ist, wie kannst du dann reagieren?
Ich rede von der Möglichkeit, einen Gegenangriff zu starten. Das machst du, wenn du in etwa wie folgt antwortest:
Personaler: „Sie wollen wohl auch endlich mal für ein namhaftes Unternehmen arbeiten?“
Du: „Wie kommen auf Sie die Idee? Ich arbeite schon mit großen Kunden zusammen. Kennen Sie die etwa nicht?“
ODER
„So namhaft ist Ihre Firma nun auch nicht!“
In beiden Fällen begehst du 2 Fehler:
In dem Sinne akzeptierst du die getroffene Aussage und wirst letztlich den Kürzeren ziehen.
Wenn du Humor hast, könnte er entspannen helfen und die Situation leichter machen.
Doch Vorsicht!
Verhandlungen sind zu Beginn wie ein erstes Date. Du kennst den anderen (noch) nicht.
Das, worüber du dich vor Lachen wegschmeißen könntest, ist für den anderen womöglich einfach nur peinlich. Oder flach. Oder zu intellektuell.
Humor ist individuell und damit ein Überraschungspaket. Zündet dein Witz? Oder erzeugt er Gähnen oder Ekel?
Der Schlagfertigkeitstrainer Matthias Pöhm lehrt dennoch eine Methode, die humorvoll daherkommt.
In seinem Buch Das NonPlusUltra der Schlagfertigkeit: Die besten Techniken aller Zeiten* empfiehlt Pöhm die Technik „Übertreiben durch deftigen Vergleich“.
Ein Beispiel (von mir): „Mein Kopf ist inzwischen so kahl, dass ein Hühnerei sich bei meinem Anblick wie ein zotteliges Monster fühlt.“
Nun die Übertragung auf Verhandlungen:
Personaler: „Sie wollen wohl auch endlich mal für ein namhaftes Unternehmen arbeiten?“
Du: „Oh ja! Ihr Unternehmensname ist so riesig, damit könnte man dann meine Referenzliste vom Mond aus lesen.“
Das kann funktionieren. Je nachdem, wie der Personaler gestrickt ist. Er könnte beeindruckt sein, aber auch beleidigt.
Und was ist nun der beste Weg zu reagieren?
1) Ruhe bewahren
Bleibe ruhig, lass dich nicht erschüttern! Wenn du dich beeindrucken oder aufwühlen lässt, verfällst du in archaische Muster. Oder anders formuliert: Du wirst dümmer! Dann fällt dir garantiert nichts Schlaues mehr ein.
2) Behalte den Überblick
Denke immer wie ein Adler, der über der Situation kreist. Oder wie ein General, der die Schlacht von einem Hügel aus beobachtet. Frage dich, warum sagt der andere das nun? Was will er bezwecken? Welche Strategie verfolgt er?
3) Habe Standard-Erwiderungen parat
Okay, in der akuten Situation hilft dir der Tipp wenig. Aber ich halte es mit oben erwähntem Matthias Pöhm. Man kann gute Erwiderungen lernen und üben. Und Verhandlungen laufen doch immer wieder nach ähnlichen Mustern ab. Oder?
Und nun *Trommelwirbel*:
Sie beruht auf dem gerade genannten Punkt 2. Bleibe der General mit Überblick. Oder der Adler.
Zusammengefasst habe ich sie in meiner Karate-Regel
Gehe aus der direkten Kampflinie heraus.
Kleiner Einschub des Kampfsport-Nerds in mir:
In einem physischen Kampf kannst du oft sehen, dass die Kontrahenten sich lediglich vor und zurück bewegen. Sie bleiben auf der direkten Kampflinie. Das ist die gedachte Verbindung zwischen den beiden Kämpfern.
Es ist wie in der Kommunikation eine Art Reflex, entweder direkt zurück zu weichen oder aber direkt heran zu stürmen. Das sieht man überraschend oft selbst in Profi-Kämpfen.
Dabei hat sich längst gezeigt, dass es eine wirklich schlaue Art zu kontern gibt. Der Kämpfer bewegt sich aus der direkten Kampflinie heraus. Sein Gegner ist nämlich auf genau diese fixiert. Und dann greifst du ihn aus einem überraschenden Winkel an. Im besten Fall aus seinem toten Winkel.
Ganz einfach:
Verlasse die aktuelle Gesprächsebene.
Weiche nach links, rechts, im besten Fall aber nach oben aus. Du weißt schon, der General oder Adler. Begib dich demnach auf die Meta-Ebene.
Entlarve die Strategie deines Gegenübers! Sachlich. Nüchtern. Unaufgeregt.
Mit deftiger Übertreibung also humorvoll zu reagieren, entspricht in der Verhandlung einem Ausweichen nach unten. Ich bevorzuge jedoch die souveräne Position oben.
Und so könnte das Gespräch wie folgt verlaufen:
Personaler: „Sie wollen wohl auch endlich mal für ein namhaftes Unternehmen arbeiten?“
Du: „Warum haben Sie das gefragt? Versuchen Sie mich zu verunsichern?“
Damit nimmst du dem anderen den Wind aus den Segeln. Du bleibst dabei souverän. Und du setzt ihn mit deiner Frage unter Zugzwang.
In Verhandlungen solltest du nicht zeigen, wie wichtig dir generell das, was der andere anzubieten hat, ist. Denke immer daran: Der Traum ist nie so schön wie die Realität.
Wenn du angegriffen wirst, indem dich dein Gegenüber kleiner zu machen versucht, als du bist, dann will er damit eine Rangordnung herstellen. So erhöht er deine Bereitschaft, auf seinen Willen einzugehen.
Du kannst auf einen Angriff wie folgt reagieren:
1) Verteidigung.
Die schlechteste Reaktion. Du tappst in die Falle und ordnest dich unter.
2) Gegenangriff.
Etwas besser, weil du eventuell Respekt erntest. Jedoch vergiftest du die Atmosphäre und nimmst die Unterstellung des Angreifers an.
3) Humor.
Ein zweischneidiges Schwert, weil es leicht daneben gehen kann. Wenn schon Humor, dann die deftige Übertreibung.
4) Die beste Reaktion: Auf die Metaebene gehen.
Beherzige die Karate-Regel: Gehe aus der direkten Kampflinie! Werde zum General, der die Schlacht von oben beobachtet. Und frage beispielsweise, warum dein Gegenüber den Angriff gestartet hat.
Hast du weitere Vorschläge für gute Reaktionen?
P.S.: Ich danke meiner Mutter für die Inspiration zu diesem Artikel. Auf einem Spaziergang im letzten Urlaub sprachen wir über dieses Thema.
(Links mit * sind Affiliate Links)
Rita
ein spannendes Thema, deine Antwort hat mich brennend interessiert -aber dann irritiert. Für mich klingt sie wie ein Gegenangriff, nicht wie ein Ausweichen nach links oder rechts. Der Personaler fühlt sich doch ertappt und bloßgestellt, und das wird ihm missfallen. Ich würde eher die Arroganz überhören, nicht darauf eingehen und direkt erklären, was ich will, also das Gespräch wieder auf das Thema lenken. Entweder entwickelt sich dann ein für beide Seiten konstruktives Gespräch auf Augenhöhe oder nicht. Bin eben eher Diplomat als Kampfsportler :-)
Viele Grüße
Rita
Axel Maluschka
vielen Dank für deine Meinung.
Ich empfinde meine Lösung nicht als Gegenangriff. Aber das liegt sicher immer an jedem einzelnen. Kommunikationslösungen sind selten zu 100 % für jeden perfekt. Senn schließlich reden da immer Menschen, und wir alle sind ja auch nicht perfekt. ?
Zur Diplomatie habe ich letztens einen schönen Spruch gehört:
„Diplomatie ist, wenn du jemanden so zur Hölle schickst, dass er sich auf den Weg freut.“
Da bin ich lieber offen und ehrlich.
Ich glaube, dass viele Leute ehrliche Ansagen mit verletzenden Angriffen verwechseln. Man kann meiner Erfahrung nach ehrlich,also klar, und dabei respektvoll und wohlwollend sein. Kommunikation gelingt durch diese 3 Eigenschaften!
Viele liebe Grüße
Axel
Was denkst du?